Donnerstag, 5. Dezember 2013

Literaturtipp zum Internationalen Tag des Ehrenamtes

(sl). Heute ist der internationale Tag des Ehrenamtes. Der seit 1986 bestehende Gedenk- und Aktionstag soll dazu dienen, das ehrenamtliche Engagement zu fördern und anzuerkennen.
Doch es gilt auch an so einem Tag, das Thema Ehrenamt kritisch zu hinterfragen. Das macht Autorin Claudia Pinl in „Freiwillig zu Diensten? – Über die Ausbeutung von Ehrenamt und Gratisarbeit“, ein Buch, das polarisieren will und wird, aber genau deswegen so wichtig ist.

23 Millionen Ehrenamtliche arbeiten in Deutschland in Kleiderkammern, in Kitas und in Schulen. Sie betreuen Kranke, sie sitzen an den Kassen von Theatern und Schwimmbädern, pflegen kommunales Grün und steuern den „Bürgerbus“. Alles unbezahlt, alles fürs Gemeinwohl.
Schön, wenn Menschen sich für andere engagieren. Es hilft auch den Helfenden, macht zufrieden, vermittelt neue Einsichten und Kontakte. Und verschleiert den Blick. Vor lauter Begeisterung über „bürgerschaftliches Engagement“ sehen wir nicht mehr, woher die vielen Armen im Lande kommen. Wir nehmen den Zusammenhang nicht wahr zwischen kaputt gesparten Kommunen, Einschnitten im sozialen Netz, der Konzentration des Reichtums bei wenigen und den Dauer-Appellen an uns alle, bitte mit auszuhelfen. Die Freiwilligen halten mit ihrer Gratisarbeit nicht nur den Betrieb in Pflegeheimen, Kitas und Schwimmbädern aufrecht. Sie tragen auch dazu bei, den Niedriglohn-Sektor auszudehnen und die Arbeit von Hauptamtlichen zu dequalifizieren. Sie stopfen Löcher, die politische Entscheidungen ins Sozialwesen, die Bildung und die Infrastruktur gerissen haben. Und werden von den Politikern am „Ehrenamts-Tag“ dafür belobigt. Warum noch für Arbeit bezahlen, wenn Ehrenamtliche sie umsonst oder für ein Taschengeld verrichten?
Claudia Pinl zerstört das hehre Bild des „bürgerschaftlichen Engagements“, wie es uns von Professoren, Politikern und Ehrenamts-Profis präsentiert wird. Die Autorin appelliert an die Freiwilligen, nicht länger den Ausputzer für politische Fehlentscheidungen zu machen. Und an die Politik, öffentliche Aufgaben im Sozialen, in der Bildung und im Kommunalen wieder öffentlich finanzierbar zu machen.


Claudia Pinl
Freiwillig zu Diensten?
Über die Ausbeutung von Ehrenamt und Gratisarbeit
Nomen Verlag, Frankfurt am Main
ISBN 978-3-939816-18-8
1. Auflage 2013, 144 Seiten, Broschur gebunden, Format 13,5 x  21 cm.
Preis: € 14,90 (D) / € k. A. (A) / sFr k. A.



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