Mittwoch, 30. Oktober 2013

Rezension zu „Männer schweigen“ von Eva Ehley

Männer schweigen – Ein Sylt-Krimi
Eine spannende Jagd nach einem Mörder – mit ein paar Schwachstellen

(mkb). Lokal-Krimis sind im Trend – und nirgendwo stirbt es sich so formvollendet wie auf Sylt. An den langen weißen Sandstränden, inmitten der auf den Millimeter genau aufgereihten Strandkörbe, von der Nordsee wild umspült. Die Tote ist rothaarig, schlank und schön wie die Insel. „Sanft modellieren sich Schultern, Brüste und Hüften vor dem blau-weiß gestreiften Plastikbezug...“ Autorin Eva Ehley hat nach ihrer Nominierung für den „Agatha-Christie-Krimipreis“ erneut ihre Phantasie fliegen lassen und mit „Männer schweigen“ ihren dritten Sylt-Krimi geschrieben.

Eine Vermisste und eine Ermordete; ein Psychiater, ein Journalist, ein aufstrebender Politiker sowie der Geschäftsmann Hubert Mönchinger, seine eifersüchtige Schwester und ein Kriminalbeamter mit seiner Kollegin: Das sind die Protagonisten einer spannenden Jagd nach einem Mörder, der sich wiederholt geschickt aus der Affäre zieht und in der fast jeder der Mitwirkenden Motiv und Möglichkeit zur Tat mitbringt. Auf der Polizeistelle vermutet man in der Toten die vermisst gemeldeten Marga Mönchinger, die Ehefrau des Geschäftsmannes Hubert Mönchinger. Tatsächlich sieht diese der Toten ähnlich – aber Marga ist nicht tot. Das stellt sich spätestens heraus, nachdem die Autorin die Erzähl-Perspektive wechselt und in die Rolle der verschollenen Polin schlüpft. Dabei lüftet sie Geheimnisse und eröffnet Verdachts-Momente, kommt dem Täter mit jedem Hinweis ein wenig näher.

In wechselnden Kapiteln wagt sich die Autorin in jeden ihrer Darsteller hinein, gibt von dort aus Privates preis. Kriminal-Hauptkommissar Bastian Kreuzer zum Beispiel liebt noch immer seine Kollegin Silja Blanck, diese jedoch erwidert die Zuneigung nur sehr zögerlich. Gemeinsam ermitteln sie, nähern sich einander an und nehmen wieder Abstand – im Zwischenmenschlichen und im Fall. Auch in die Gefühlsebene des Alkoholikers Fred Hübner schaut die Schriftstellerin hinein – und dabei wird klar, dass der Journalist schon in den letzten Fall verwickelt war. Er weiß etwas, gibt sein Wissen allerdings nur scheibchenweise preis. Alle Wege führen schließlich zum Analytiker Manfred Pabst, der ganz offensichtlich selber an einer Psychose leidet. Marga Mönchinger wiederum bleibt verschwunden, und es beginnt für die Kommissare und den Leser ein Wettlauf mit der Zeit.

Über rund 400 Seiten führt Eva Ehley durch Sylt. Mal macht sie an Westerlands Bahnhof Halt, wirft einen intensiven Blick auf die grünen Kunstfiguren, die sich dort gegen den stürmischen Westwind stemmen, begleitet die Leser nach Tinnum in ein Häuschen, streift erzählerisch die Nordseeklinik und besucht ein andermal List, den nördlichsten Ort Deutschlands. Für Sylt-Freunde vertraute Plätze, für Krimi-Leser eine landschaftlich eindrückliche Jagd nach dem Mörder. Es könnte so schön sein, wäre die Autorin weniger geschwätzig. Wirklich schade, denn im Kern sprüht das Buch vor Witz und Spannung, nur wäre auch hier weniger viel, viel mehr gewesen.

Alles in allem jedoch ist „Männer schweigen“ durchaus lesenswert. Eva Ehley beherrscht im großen Ganzen ihr Handwerk, beschreibt eindrücklich und ohne zu langweilen die Landschaft und geht gekonnt den gefährlichen Grad des Perspektivenwechsels, belebt damit die Figuren und strafft den Spannungsbogen.

(c) Michèle Kirner-Bernoulli von Literaturtipp.com



Eva Ehley
Männer schweigen
Ein Sylt-Krimi
Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main
ISBN 978-3-596-18929-8
Originalausgabe, 1. Auflage 2013, 400 Seiten, Taschenbuch.
Preis: € 9,99 (D) / € 10,30 (A) / sFr 14,90



© Copyright by: Literaturtipp.com, Butjadingen


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wir behalten uns vor, anonyme Kommentare stichprobenartig zu prüfen und diese gegebenenfalls zu löschen, wenn sie unsachlich, beleidigend oder anstößig sind.